Pyrenäen Durchquerung von West nach Ost 2020

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Reisebericht

Hier der reine Text:

Vom Atlantik zum Mittelmeer

Pyrenäen – Durchquerung von West nach Ost

Mit den namhaften Pyrenäen – Pässen der Tour de France, aber auch mit einigen unbekannten Schönheiten, wurden ca. 800 km zurückgelegt und 21 Pässe mit fast 20.000 Höhenmetern überwunden.

Voller Vorfreude und mit 8000 Trainingskilometern in den Beinen begaben sich Tanja (46 Jahre) und Stefan Mühl (55 Jahre), Jörg Jäger (54 Jahre) und Rainer Schmolke (67 Jahre) auf das sportliche Abenteuer „Pyrenäen Durchquerung vom Atlantik zum Mittelmeer“, die Männer mit dem Rennrad,Tanja mit ihrem E – Mountainbike.

Tag 1                         Anreise

23.08.2020

Los geht’s, Start ist um 4.45 Uhr in Lüdenscheid ins 1300 km entfernte Saint – Jean – de – Luz an der französischen Atlantikküste (25 km westlich von Biarritz)

Tag 2

24.08.2020

Bei wunderbarem Wetter beginnen wir den Tag mit einem typisch französischen Frühstück, ein Croissant, zwei Baguette-Hälften, etwas Butter, ein wenig Marmelade und ne Suppentasse voll Milchkaffee. Anschließend eine Stadtrundfahrt mit dem Rad im RCL – Dress und Baden im Atlantik. Stefan schlägt als alternatives Sportprogramm eine Paddeltour auf der Nivelle vor – gesagt, getan – herrlich !

Tag 3                   1. Etappe

25.08.2020


Einrollen 84 km – 1695 Höhenmeter

von St. Jean – de – Luz nach Esterencuby

3 Pässe: Col de Saint Ignace, Puerto de Otxondo, Col d’Ispeguy

Nach unserem ersten „do it yourself“ – Frühstück im Hotelgarten mit Haferflocken und H – Milch aus Aluschalen starten wir um 9 Uhr im neuen roten RCL – Sondertrikot.

Auf traumhaft gute Strassen mit wenig Verkehr und schönen Landschaften wird es immer einsamer. Nach Ankunft im Hotel am Nachmittag freuen wir uns bei 30 Grad über den Sprung in den erfrischenden Pool.

Wir müssen lernen: In Frankreich gibt es kein Abendessen vor 19.30 Uhr, das ist für hungrige Radfahrer äußerst spät. Obwohl das Menü lecker war, so richtig satt geworden sind wir nicht.

OK, dann eben noch einen Energieriegel vorm Schlafen. Licht aus – morgen wird`s ein harter Tag.

Tag 4                   2. Etappe

26.08.2020

Auf geht’s in die Rampen der West-Pyrenäen

110 km – 3061 Höhenmeter –

von Esterencuby nach Oloron

3 Pässe: Col d Àrthaburu, Col de Bagargui, Col de Labays

Wir starten bei angenehmen 17 Grad – nach nur zwei km Einrollen geht es sofort zur Sache. Der erste Anstieg ist 15 km lang und hat eine durchschnittliche  Steigung von 12,8 % – in der Spitze wollen Rampen bis 20 % bewältigt werden. Da bleibt der Puls hoch, der Schweiß trieft und die Geschwindigkeit sinkt auf unter 7 km/h.

Das heutige Motto lautet: „Wenn 10% Steigung Erholung sind…“. Oben angekommen,  haben wir 1050 Höhenmeter überwunden.

Wir fahren über ein wunderschönes Hochplateau und geniessen die schöne Aussicht. Anschließend geht es die steile Abfahrt nach Larrau hinunter, bevor die letzte Herausforderung für diesen Tag auf uns wartet.

Der 23 km lange Anstieg zum Col de Labays und er hält, was er verspricht. Die durchschnittliche Steigung liegt bei 10 %.

Die ersten 10 km wecken die leise Hoffnung, „na ja …..so steil wird’s wohl doch nicht –  Irrtum ! Ab km 12 zeigt der Berg sein wahres Gesicht. Es ist Mittag, die Sonne scheint uns bei 30 Grad gnadenlos auf den Radhelm und es ist kein Schatten in Sicht. Die Beine fangen an zu brennen, jeder Tritt schmerzt. Mach einer denkt: „Ich glaub‘ nächstes Jahr gehe ich angeln !!“ Die letzten 1500 m quälen wir uns – von Krämpfen geplagt – zur Passhöhe. Völlig erschöpft greifen wir nach Wasser und Riegeln und füllen anschließend unsere Trinkflaschen wieder auf.

Es dauert einige Minuten, bis wir die Aussicht geniessen können und freuen uns, es bis hier oben geschafft zu haben ! Die lange Abfahrt nach Oloron ist der Lohn für die Schinderei !

Bei der Restaurantauswahl haben wir ein glückliches Händchen, ein reichhaltiges Menü und ein Glas Rotwein füllen die leeren Speicher wieder auf. Um 22 Uhr liegen wir alle im Tiefschlaf.

Tag 5                    3. Etappe

27.08.2020

die ersten Tour de France Pyrenäen – Pässen kommen.

103 km – 2786 Höhenmeter –

von Oloron nach Argelès – Gazost

3 Pässe: Col de Marie – Blanque, Col dÀubisque, Col du Soulor

Der Tag beginnt mit einem Superfrühstück im Hotel. Als wir unserem Hotelier erzählen, wo wir heute herfahren zieht er respektvoll die Augenbrauen hoch – sehr schön und schön steil – seine Antwort. Auf geht’s bei angenehmen sonnigen 20 Grad. Die Strapazen der gestrigen Etappe sind vergessen, die ersten 15 km sind eher moderates einrollen.

Jetzt erreichen wir einen ersten Kult – Berg der heutigen Tour, den Col de Marie Blanque. 16,2 km lang, durchschnittliche Steigung 8 %. Wir sind sozusagen die Vorhut der Tour de France 2020, die in wenigen Tagen ebenfalls über diesen Pass führt. Es läuft gut heute. Foto – Stopp auf der Passhöhe, weiter geht’s in rasanter Abfahrt zum nächsten Tour – Klassiker, dem Col d‘Aubisque. Kenner bezeichnen diese Strecke als besonderes Sahnestück. Mit seinem 24 km langen Anstieg bei mittlerweile 37 Grad, liegt ein hartes Stück Arbeit vor uns. Wir legen 5 km vor der Passhöhe einen kurzen Verpflegungs – Stopp ein, um Wasser aufzufüllen und um uns mit Wasser abzukühlen. Erstmals treffen wir auf einem Gipfel eine größere Anzahl von Touristen. Sie bewundern die herrliche Berglandschaft und die aufgestellten übergroßen Fahrräder. Diese sind in den Farben der Tour de France – Trikots – gelb, grün und rot – weiss – gepunktet – aufgestellt.

Wir machen einen ausführlichen Foto – Stopp und begeben uns anschließend auf die grandiose Abfahrt ins Tal durch unbeleuchtete, schmale Tunnel und fliegen sozusagen über den Col de Soulor hinweg.

Im Zielort Argelès – Gazost geht’s zur Abkühlung in den Pool. Wir sind mit unserer Leistung zufrieden. Wer hätte gedacht, dass wir den harten Tag gestern und die heutige – ebenfalls schwierige – Etappe so gut meistern !

Tag 6                4. Etappe

28.08.2020

bekannte Tour de France – Klassiker

96 km – 2964 Höhenmeter

von Argelès – Gazost nach Bagnères – de Luchon

3 Pässe:  Col du Tourmalet, Col d`Aspin, Col de Peyresourde

Am Morgen schlägt das Wetter um. Leichter Nieselregen um 8 Uhr, eine Stunde später schüttet es wie aus Eimern. Es macht keinen Sinn, mit dem Rad loszufahren. Wir steigen erstmal in unser Begleitfahrzeug. Nach 5 km Fahrt lässt der Regen nach. Es herrscht Einstimmigkeit, sofort anhalten und Räder raus. Auf den Col du Tourmalet wollen wir nicht verzichten. Da müssen wir rauf ! 15 Minuten später regnet es wieder, egal – weiter.

Die Temperaturen sinken von 20 auf 15 Grad und mit jedem Höhenmeter weiter runter auf 5 Grad. Die Sicht wird schlechter, Nebel zieht auf. Licht an – weiter geht‘s.

Die ersten 10 km mit 2 % Steigung lassen kaum erwarten, was auf uns zukommt. In Luz Saint Sauveur beginnt dann der 18,9 km lange Anstieg auf 2115 m Höhe mit 7,6 % durchschnittlicher Steigung auf der höchsten asphaltierten Passstraße der Pyrenäen. Wir sind bei diesen widrigen Wetterverhältnissen alleine unterwegs, lediglich zwei Radfahrer mit Gepäck aus Kolumbien sind ebenfalls auf dem Weg zur Passhöhe. Das Gefühl auf den Spuren der großen Radrennfahrer wie Jan Ullrich und Co. zu sein, spornt an und beflügelt uns.

Der Tourmalet – einer der vier heiligen Tour – Berge – lässt die Beine richtig gut laufen. Bei einer Sichtweite von 20 m, kann man sich den Blick nach rechts und links sparen.

Es herrscht eine beeindruckende Stille, die nur durch das leise Rauschen der Carbon – Laufräder durchbrochen wird. Wir erreichen die Passhöhe bei 5 Grad, Nebel und Regen bleiben. Fotos schießen vom Denkmal des ‚Eisernen Radfahrers‘. Umziehen, raus aus den nassen Klamotten. Leider sind Restaurants und Souvenir Shops bei diesem Wetter geschlossen, also kein Kaffee oder ein Ort zum Aufwärmen vorhanden. Wir sind vernünftig und verzichten bei Starkregen auf die 17 km lange Abfahrt ins Tal und setzen uns ins Begleitfahrzeug – schade eigentlich !

Im Tal angekommen, wird erstmal eingekehrt und eine heiße Suppe gegessen. Der Regen hat aufgehört, der Körper ist noch voll Adrenalin, also holen wir die Räder wieder raus und ziehen trockene Radklamotten an. Der zweite Kult – Berg des Tages, der Col d‘ Aspin wartet auf uns. Wir sind flott unterwegs und entscheiden uns nach dem üblichen Foto auf der Passhöhe, die Abfahrt geht auch noch !

Das war leider nicht so clever, nach wenigen Kilometern bergab holen uns der Starkregen mit Sturmböen ein, so dass der erhoffte Spaßfaktor bergab ausblieb. Wir kommen erneut völlig durchnässt im Tal an. Was für ein Glück, dass wir ein Begleitfahrzeug haben. Also wieder in trockene Klamotten schmeißen, Räder ins Auto und Abfahrt.

Im Hotel freuen wir uns auf die warme Dusche. Die Klamotten müssen gewaschen werden und werden mit Unterstützung vom Ventilator und Fön getrocknet.

Zum Abendessen gibt es heute endlich eine ordentliche Portion Spaghetti und ein Glas Rotwein, was für ein erlebnisreicher Tag ! Es regnet die ganze Nacht durch.

Tag 7 – 5. Etappe

29.08.2020

Drei weitere Klassiker stehen auf dem Programm

von Bagnères – de Luchon nach Seix

95 km – 2470 Höhenmeter

3 Pässe: Col de Menté, Col de Portet d’Aspet, Col de la Core

Frühstück gibt es heute mal wieder auf der Bettkante – Aluschale, Haferflocken und H – Milch.

Der Tag beginnt mit einer 20 km langen und flachen Anfahrt zum Col de Menté.

Herrlich endlich mal Tempo machen. Der 10 km lange Anstieg mit 9,5 % Steigung bereitet uns keine Probleme. Vorsicht ist auf der Abfahrt geboten, die starken Regenfälle von gestern haben die Straße mit Laub und Geröll verschmutzt. Nach der Abfahrt wartet die steile Westrampe des Col de Portet d’Aspet mit bis zu 17 %igen Anstiegen auf uns. Wir passieren das Denkmal von Fabio Casartelli. Der junge Tour de France – Fahrer verunglückte an dieser Stelle während der 15. Etappe 1995, tödlich. Auf einsamen Straßen rollen wir zum Col de la Core. 21 km Anstieg mit gemäßigter Steigung, wir sind mal wieder allein unterwegs.

Am Nachmittag wird eingekauft – Käse, Hartwurst, Baguette und Rotwein stehen auf der Speisekarte. Beim Essen läuft die Tour de France im Fernsehen und anschließend werden die Fotos der letzten Tage angeschaut.

Tag 8               6. Etappe

30.8.2020


zwei einsame Pässe liegen vor uns

von Seix nach Ax – les – Thermes

101 km – 2352 Höhenmeter

2 Pässe: Col d’Agnes, Port de Lers

Heute werden keine Höhenmeter gefressen. Mit 6,5 Grad ist es noch recht frisch. Die Landschaft ist grandios und einsam. Wir sehen stundenlang keine Menschenseele. Am Nachmittag erreichen wir bei Sonnenschein den Kurort Ax – les – Thermes.

Tag 9             7. Etappe

31.08.2020

von Ax – les – Thermes nach Vernet les – Bains

103 km – 2846 Höhenmetern

2 Pässe: Col de Pailhères, Col de Jau

Einen Hammer haben wir uns noch für die vorletzte Etappe aufgehoben. Den sensationellen Col de Pailhères, der unter den Experten als einer der schönsten Pässe der Pyrenäen gilt.

Kaltstart; vom Hotel sofort in den Berg, 19 km rauf mit 1200 Höhenmetern, das mögen die Beine am frühen Morgen bei 14 Grad überhaupt nicht ! Die Passhöhe empfängt uns mit eisigen Windböen von vorne bei 6,5 Grad und Sonnenschein. Trotz Kälte geniessen wir die sehr schöne Aussicht, ja, es ist wirklich ein wunderbarer Berg ! Belohnt werden wir mit einer sensationellen Abfahrt durch diese atemberaubend schöne Landschaft. Anschließend durchfahren wir eine 20 km lange einsame Schlucht – machen im einzigen Gartenlokal auf der Strecke eine Kaffeepause und bestellen Omeletts. Superlecker, aber auch superteuer! Na ja…ein bisschen Schwund ist immer. Es wird wieder sommerlich warm, als wir den 18,6 km langen Anstieg zum Col de Jau beginnen, haben wir noch einmal 1000 Höhenmeter zu überwinden.

In einer Flachpassage pflückt Stefan plötzlich Blümchen… Nicht weil wir soo langsam fahren, die Blumen sind für Tanja. Die beiden haben heute Hochzeitstag. Überraschung: Tanja nimmt ihr E – Bike und fährt gemeinsam mit Stefan zur Passhöhe, herzlichen Glückwunsch !

Am Horizont kann man bereits das Mittelmeer erkennen. Es folgt eine berauschende Abfahrt ins Tal – Vernet – les – Bains erreichen wir bei 31 Grad, super ! Zur Feier des Tages wird Bier getrunken und Hochzeitstag gefeiert. Zum Abendessen serviert das Hotel ein ausgezeichnetes 3 – Gänge – Menü !

Tag 10             8. Etappe / Schlussetappe

01.09.2020


von Vernet – les – Bains nach Argelès – sur Mer

114 km – 1524 Höhenmeter

2 Pässe: Col de Palomere, Col Xatard

Auf geht’s zum Endspurt ! Eine kleine Herausforderung ist der 25 km lange Col Xatard, aber mit dem Ziel vor Augen ist das kein Problem. Ab km 50 geht’s 2232 Höhenmeter bergab.

Also Kette rechts, wir werfen alle Körner, die der Körper noch hat, auf die Straße und ballern mit einem Grinsen im Gesicht ans Mittelmeer. Geschafft ! Unser Hotel liegt direkt am Wasser.

Wir checken nicht ein, sondern machen zuerst Picknick am Strand und feiern gutgelaunt unsere „Pyrenäen – Durchquerung vom Atlantik zum Mittelmeer“.

Tag 11 und 12

02. / 03.09.2020

Wir fahren 6 km weiter nach Collioure, eine kleine, charmante Stadt in einer Bucht, umgeben mit türkisblauem Wasser, Weinbergen und atemberaubenden Aussichten.

„Es gibt in Frankreich keinen blaueren Himmel als den von Collioure…“ sagte einst der berühmte Maler Henri Matisse, als der 1905 mit seiner Familie nach Collioure kam.

Wir machen zwei Tage Urlaub, regenerieren, relaxen und geniessen das Leben à la francaise.

Fazit: Es waren sportliche, zum Teil sehr sportliche, anspruchsvolle 800 km. Die Berge haben uns gequält, wir wurden mit sensationellen Abfahrten entschädigt und haben beeindruckend schöne Landschaften durchfahren.

Land und Leute haben uns mit Ihrer Hilfsbereitschaft und Offenheit begeistert. Wir waren gut organisiert und vorbereitet. Es war einfach schön!

An dieser Stelle möchten wir uns besonders bei Tanja Mühl bedanken.

Sie war unsere Managerin – Fotografin – Paparazzi – Systemadministratorin für WhatsApp, Instagram, Google & Co. – unsere Fahrerin usw…..Wir hatten eine Superunterstützung – Danke Tanja !

Danke auch an unseren RCL – Vorsitzenden Thomas Geitmann und den gesamten Vorstand des RCL für die tolle Unterstützung. Ohne euch wäre dieses Sportevent so nicht möglich gewesen – Danke RCL!

Mit freundlichen und sportlichen Grüßen.                                                Rainer Schmolke